Arbeitslos in die Sommerferien: Alltag für viele Referendare

Arbeitslos in die Sommerferien: Alltag für viele Referendare

Bürgergeld beantragen für die nächsten Sommerferien: Für viele angehende Lehrkräfte in Deutschland Alltag (Quelle: Unsplash)

Stuttgart/Berlin. Als angehende Lehrkraft mal schnell die Arbeitslosigkeit anmelden – nur um dann nach den Ferien wieder in den Job zurückzukehren: Für viele Referendar:innen ist das Alltag. Wie die Bildungsgewerkschaft GEW berichtet, sind allein in Baden-Württemberg dieses Jahr 4000 bis 5000 Junglehrer von dieser Vorgehensweise betroffen, die angesichts des akuten Lehrkräftemangels in Deutschland für Stirnrunzeln sorgt.

"Man fällt quasi wieder aufs Existenzminimum zurück und muss sich im Zweifelsfall – weil es ja auch ein bisschen dauert, bis das Bürgergeld wirklich kommt - dann Geld irgendwo leihen”, schildert der Rottenburger Referendar David Hanke die Situation gegenüber der Tagesschau. Dank Unterstützung von Freunden und Familie falle er “zum Glück relativ weich”, bei vielen seiner Bekannten sei die Situation jedoch eine andere: Das Referendarsgehalt reicht kaum, um sich finanzielle Rücklagen zu bilden, die aber nötig sind, um die Zeit bis zur Auszahlung des Bürgergelds zu überbrücken.

Laut Umfrage der GEW fährt jedes Bundesland bei dem Thema eine andere Linie. So gibt es in Berlin, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein keine derartige Gehaltslücke. In anderen Bundesländern gibt es zwar Lücken, diese sind jedoch kürzer als die sechswöchigen Sommerferien. Besonders gravierend ist die Lage in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo meist die Gehaltslücke über die gesamte Sommerferienzeit existiert. Hinzu kommt: Referendar:innen dürfen das Schulgebäude während der Sommerferien in diesen Bundesländern dann nicht mehr betreten, weil sie formal nicht mehr in der Schule angestellt sind. Vor Schuljahresbeginn finden allerdings oft schon Zeugniskonferenzen statt.

 “Wertschätzung sieht anders aus”, kommentierte der GEW-Bundesverband.

Auch der Deutsche Lehrerverband kritisiert die Situation schon lange: "Wer an Werktagen und Wochenenden für ein Bundesland gearbeitet hat, ihm und seinen Kindern gedient hat, der hat die Bezahlung der Sommerferien verdient", so Lehrerverbandspräsident Stefan Düll. 

Das baden-württembergische Kultusministerium sieht in dem Vorgehen indes keinen Widerspruch zu seinen Bemühungen für die Gewinnung neuer Lehrkräfte. Nach den Sommerferien hätten diese schließlich eine lebenslange Jobgarantie mit privater Krankenversicherung, Pensionsansprüchen und Beihilfe, wenn sie ein gewisses Maß an örtlicher Flexibilität zeigen würden, so das Ministerium. Das Angebot sei “alles in allem” hervorragend.

Ob das reicht, um auch junge Menschen in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten für den Beruf zu begeistern? Jedenfalls wäre die Fortzahlung des Gehalts über die Sommerferien keine allzu große finanzielle Bürde für die Länder. Wie die GEW vorgerechnet hat, würde dies das Land Baden-Württemberg zwischen acht und zehn Millionen Euro kosten, was weniger als ein Tausendstel des Kulturhaushalts entspricht.

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