„Die Welt wird doch sowieso immer schlechter“ – oder doch nicht? Fakten und Material gegen Pessimismus

„Die Welt wird doch sowieso immer schlechter“ – oder doch nicht? Fakten und Material gegen Pessimismus

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Jérôme Seibert

Klimakrise, Artensterben, Coronapandemie, die weltweite Krise der Demokratien und schließlich der Ukrainekrieg. All diese Krisen erzeugen nicht nur Bilder des Niedergangs, der Zerstörung und der Hoffnungslosigkeit, sondern betreffen Schüler:innen immer mehr auch in ihrem eigenen Leben. Sei es, weil sie beinahe zwei Jahre nicht in die Schule gehen und Freund:innen treffen konnten oder weil sie vom Krieg geflüchtete Kinder bei sich in den Klassen begrüßen.

Die Schüler:innen wachsen in einer Welt auf, die scheinbar von einer Krise zur nächsten eilt, wobei die nächste stets noch bedrohlicher und existenzieller erscheint als die vorherige. Kein Wunder also, dass viele von ihnen unter den aktuellen Umständen leiden und äußerst pessimistisch in die Zukunft blicken; unglücklich sind. Im Rahmen des Auftakts zu unserer Themenwoche „Glück“ haben wir bereits ausführlich über den jugendlichen Blick auf das Zeitgeschehen und die Zukunft berichtet – und darüber, dass er momentan vor allem von Zukunftsangst und Resignation geprägt ist.

Dieser fatalistische Blick auf das eigene Schicksal und das der Welt stellt dabei eine zweifache Herausforderung an den Unterricht dar. Zum einen, weil Schüler:innen aufgrund der vielfältigen Probleme Schwierigkeiten haben, sich auf Schule und Unterricht zu konzentrieren, zum anderen, weil sie eventuell das Projekt Schule als sinnlos empfinden. Warum sich mit Gedichtanalysen abmühen, wenn nur wenig mehr als tausend Kilometer entfernt ein Krieg tobt? Warum sich im Politikunterricht mit unserer Demokratie beschäftigen, wenn man der Auffassung ist, dass sich sowieso nichts zum Positiven wendet?

Um diesen Gefühlen zu begegnen, haben wir für Euch eine Reihe von Daten und Quellen –  darunter auch schülergerechte Videos – zusammengestellt, die sich einsetzen lassen, um Schüler:innen faktenbasiert einen positiveren Blick auf die Welt zu vermitteln. Natürlich geht es dabei nicht darum, Ängste nicht ernst zu nehmen, sondern im Gegenteil: Es geht darum, zu zeigen, dass es auch positive Entwicklungen gibt, die nicht unter den Tisch fallen sollten.

Our World in Data: Material, um Probleme und Fortschritte auf einen Blick zu sehen

Our World in Data“ ist ein Projekt von Forscher:innen der Universität Oxford und der NGO Global Change Data Lab, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, kostenfreien Zugang zu Forschung und Daten über eine Vielfalt an Themen bereitzustellen. So gibt es beispielsweise zahlreiche Schaubilder und Artikel zu Themenfeldern wie „Gewalt und Frieden“, „Gesundheit“ oder „Energie und Umwelt“.

Zwar drehen sich naturgemäß viele der Schaubilder und Artikel um gravierende Probleme und die Betreiber:innen behaupten nicht, dass alles stetig besser werde, doch es ist das ausdrückliche Anliegen von „Our World in Data“ auf die beachtlichen gesellschaftlichen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten hinzuweisen. Ihr Gründer Max Rose betont, dass die Möglichkeit zum Fortschritt für unsere Lebensentscheidungen eine Rolle spielen sollten und dass Lebensbedingungen verbessert werden könnten, schließlich zeige die Vergangenheit genau das.

Beispielhaft haben wir zwei Schaubilder herausgesucht, die zeigen, dass es in den letzten Jahrzehnten weltweit erhebliche Fortschritte bei Kindersterblichkeit und allgemeiner Lebenserwartung gab.

Kindersterblichkeit hat sich weltweit in den letzten 30 Jahren halbiert.
Quelle: Our World in Data

Die Lebenserwartung ist weltweit seit Beginn des 20. Jahrhunderts massiv gestiegen.
Quelle: Our World in Data

Die Website eignet sich damit gut für Lehrkräfte, die auf der Suche nach aussagekräftigen und frei nutzbaren Schaubildern sind, welche Fortschritte, aber auch Herausforderungen zeigen. Die meisten Schaubilder lassen sich intuitiv auf die eigenen Bedürfnisse anpassen und herunterladen. Da das gesamte Material unter die gemeinfreie „Creative Commons“-Lizenz fällt, darf es kostenfrei genutzt werden.

Viele der Statistiken eignen sich auch, um etwa Quizzes zu erstellen, die den Pessimismus mancher Schüler:innen auf die Probe stellen sollen. Möglich wäre auch, Schüler:innen selbst auf der Website nach Statistiken recherchieren zu lassen, die sie positiv beeindruckt haben. Allerdings ist die Website bisher nur auf Englisch verfügbar, sodass nur Schüler:innen, die ausreichende Englischkenntnisse haben, sie nutzen können.

Factfulness: Fakten, die Hoffnung machen

Eine weitere wunderbare Quelle für gut aufbereitete Schaubilder, die den Zustand der Welt zeigen, ist das 2019 auf Deutsch erschienene Buch „Factfulness: Wie wir lernen, die Welt, so zu sehen wie wirklich ist“ des schwedischen Gesundheitsforschers und Mitbegründers von Ärzte ohne Grenzen Hans Rosling. Der Autor stellte im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere immer wieder fest, dass sehr viele Menschen den Zustand der Welt als deutlich schlechter einschätzten als es in der Realität der Fall war.

Daher widmete der 2017 verstorbene Rosling die letzten Jahre seines Lebens der Fertigstellung dieses Buches, konnte das Projekt aber nicht mehr vervollständigen. Dies übernahmen sein Sohn Ola Rosling und seine Schwiegertochter Anna Rosling. Das Buch präsentiert auf ca. 400 Seiten zahlreiche Fakten und Schaubilder, die positive Entwicklungen nachzeichnen und einen realistischeren Blick auf die WElt vermitteln.

Doch es ist nicht notwendig, das Buch zu kaufen, um seine Botschaft im Unterricht zu nutzen:

Hier findet Ihr einen Gastbeitrag Roslings in der FAZ, der 32 ausgewählte positive Botschaften in Schaubildern übermittelt, die sich gut im Unterricht einsetzen lassen.

Hier findet Ihr einen kurzen Vortrag Roslings aus dem Jahr 2014. Zwar ist dieser Beitrag auf Englisch, es lassen sich aber optional deutschsprachige Untertitel hinzuschalten. Auf Youtube finden sich noch viele weitere Vorträge Roslings, die stets kurzweilig und zugleich faktenbasiert Wissen vermitteln.

Hier findet Ihr ein Quiz, das der SWR basierend auf dem Buch erstellt hat und das sich hervorragend für den kurzweiligen Einsatz im Unterricht eignet.

Um dieses Quiz, aber auch eigene Erweiterungen davon oder komplett selbst erstellte Quizzes im unterricht durchzuführen, eignet sich die Website Quizlet besonders gut. Dazu findet ihr hier einen Artikel von uns.

Klimakrise: Grund zur Hoffnung

Unser letzter Tipp dreht sich um den Klimawandel. Gerade dieser erscheint vielen jungen Menschen als unausweichliche Katastrophe, gegen die sich nicht mehr viel unternehmen lässt. Doch trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge gibt es Grund zur Hoffnung. Der mit 18,3 Millionen Abonnent:innen erfolgreichste YouTube-Kanal Deutschlands „Kurzgesagt – in a Nutshell“ produziert gut recherchierte und hübsch animierte Videos über Wissenschaftsthemen, die sich explizit an ein junges Publikum richten.

In einem aktuellen Video setzen sich die Macher:innen mit dem aktuellen Stand des Klimawandels auseinander und betonen, dass es noch möglich ist, die Katastrophe abzuwenden und es in den letzten Jahren hoffnungsvoll stimmende Entwicklungen gab. Das Video ist auch auf ihrem deutschsprachigen Ablegerkanal „Dinge erklärt – Kurzgesagt“, welcher Teil des digitalen Angebots „funk“ des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks ist, verfügbar.

Zwei weitere eher philosophisch geprägte Videos des Kanals beschäftigen sich mit der Frage, warum man trotz aller Krisen und Problemen optimistisch und fröhlich auf die Welt blicken kann. Alle Videos eigenen sich gut, um geplant in verschiedenen Fächern eingesetzt zu werden,  können auch ganz spontan bei Klassendiskussionen gezeigt oder als „Hausaufgabe“ versendet werden.

Kennt Ihr noch weitere Materialien und Methoden, die sich eignen, um Schüler:innen faktenbasiert einen positiveren Blick auf die Welt und Zukunft zu vermitteln? Findet Ihr die vorgestellten Materialien hilfreich?

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