Hamburg: Verhüllungsverbot im Schulgesetz verankert

Von
Tabea Heinemann
|
18
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May 2024
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Eine Frau in einer Burka blickt in die Kamera

Hamburg führt Verschleierungsverbot in Schulen ein – Bundesweit ist das Thema uneinheitlich geregelt (Quelle: Unsplash)

Hamburg. In Hamburgs Schulen ist künftig das Tragen von Gesichtsverhüllungen im Unterricht untersagt. Einem entsprechenden Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen zur Änderung des Schulgesetzes stimmten am Mittwoch die CDU- und AfD-Fraktionen zu. Die Linke stimmte dagegen. Folglich sind Kopfbedeckungen, die das Gesicht vollständig verhüllen, in Zukunft verboten. "Schule und Gesichtsverhüllung verträgt sich nicht", sagt Nils Hansen, Schulexperte der SPD-Fraktion. Für eine effektive Kommunikation sei das Lesen des Gesichts des Anderen entscheidend. Hansen unterstrich die Tatsache, dass das Verbot bereits an Hamburger Schulen praktiziert wurde, nun aber auch rechtlich gesichert sei. 

Die religionspolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion, Insa Tietjen, sprach am Dienstag von einem “übereilten Schnellschuss” des Senats. “Es ist völlig unverständlich, warum Rot-Grün das Schulgesetz im Hauruckverfahren ändern möchte – ohne vorherige Beratung oder Anhörung im Ausschuss”. Schon mehrere Eltern hätten diesbezüglich Bedenken bei ihr geäußert. 

Mit dem Antrag reagiert die Regierungsfraktion auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg aus dem Jahr 2020. Das Gericht hatte entschieden, dass einer damals 16-jährigen Schülerin das Tragen einer Gesichtsverschleierung von der Schule nicht untersagt werden könne, da dafür die gesetzliche Grundlage fehle. 

“Sollte es Rot-Grün bei diesem Antrag vor allem um die Bekämpfung des Islamismus in unserer Stadt gehen, wäre es deutlich klüger, die Präventionsarbeit in den Haushaltsverhandlungen zu stärken oder das Senatskonzept gegen Salafismus und religiösen Extremismus nach sieben langen Jahren mal zu überarbeiten”, so Tietjen. Die Sprecherin der Linksfraktion warnte außerdem vor "gravierenden Folgen" für die betroffenen Schülerinnen, besonders wenn diese nicht mehr schulpflichtig seien. Ihr Antrag auf weitere Beratungen im Schulausschuss wurde jedoch zurückgewiesen.

Derzeit gäbe es ungefähr zehn Fälle von Mädchen, die mit Gesichtsverschleierung in den Unterricht gingen. “Ja, das sind Einzelfälle. Und trotzdem braucht es dafür eine gesetzliche Regelung”, sagte Hansen. Es sei weiterhin gestattet Kopftücher und Schutzmasken aus Infektionsgründen zu tragen, ohne dass ein Attest oder Antrag notwendig ist. 

Dominik Lorenzen, Fraktionschef der Grünen, betonte, dass der Antrag auf Drängen der Elterninitiative ProtectTheKids hin so umformuliert  wurde, dass er kein "Maskenverbot durch die Hintertür" impliziere. Es sei eine Lehre aus der Corona-Pandemie, wie wichtig der Infektionsschutz ist. Der ursprüngliche Entwurf sah lediglich das “Tragen einer medizinischen Maske bei Vorliegen einer medizinischen Indikation” vor. Laut ProtectTheKids widerspräche das Gesetz dem in Artikel 2 des Grundgesetzes garantierten Schutz der eigenen Gesundheit.

Auch die Schura, der Verband der Moschee-Gemeinden, kritisierte das Vorhaben. Auf Anfrage des Hamburg Journals teilten sie schriftlich mit: "Das Tragen einer Gesichtsverhüllung ist als Ausdruck eines religiösen Bekenntnisses durch die im Grundgesetz gewährte Religionsfreiheit geschützt. Da das Neutralitätsgebot dem Staat untersagt, explizit einzelne religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu bewerten, zu verbieten oder dagegen anzugehen stellt sich die - nicht zuletzt auch angesichts der äußerst geringen Zahl von Schülerinnen mit Gesichtsverhüllung – Frage nach der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung".

Eine Mehrheit für einen weiteren Antrag der AfD, den Hidschāb auch zu verbieten, kam nicht zustande. Allerdings begrüßte Alexander Wolf, schulpolitischer Sprecher der AfD, den Vorschlag der Regierungsfraktionen grundsätzlich, da gesichtsverhüllende Kleidung in einer freiheitlich-säkularen Gesellschaft die Kommunikation und Integration gefährde.

Der Justizexperte der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker, wies darauf hin, dass seine Fraktion schon 2017 ein Verbot der Vollverschleierung in allen öffentlichen Bereichen beantragt hatte.

Die Debatte um Verschleierung im Unterricht wird in Deutschland regelmäßig geführt. Da Bildung Ländersache ist, gibt es jedoch keine einheitliche Regelung. Im Jahr 2017 waren Bayern und Niedersachsen die ersten Länder, die die vollständige Gesichtsverhüllung in Schulen untersagten. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein folgten nach dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts 2020. In Nordrhein-Westfalen und Bremen gab es bisher keine gesetzliche Verschärfung. Zwar sei Vollverschleierung an Schulen nicht erwünscht, jedoch bieten die Schulgesetze keinen Grund zu verschärfenden Maßnahmen.

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