“Mit Klischees aufräumen”: Sachsen führt Studie zur Arbeitszeit von Lehrkräften durch

Von
Marcel Kunzmann
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4
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June 2024
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Papier und Stift auf dem Tisch

Sachsens Kultusministerium will kommendes Schuljahr eine neue Studie zur Arbeitszeit von Lehrkräften durchführen (Quelle: Rainier Ridao/Unsplash)

Dresden. In einer repräsentativen Untersuchung wird in Sachsen ab dem kommenden Schuljahr 2024/2025 die Arbeitszeit von Lehrkräften erhoben. Über die bislang bundesweit einmalige Untersuchung hat Kultusminister Christian Piwarz vergangene Woche informiert. Insgesamt werden 4.500 Personen, darunter 4.100 Lehrkräfte und 410 Schulleitungen, daran beteiligt sein. 

“Die Unterrichtszeit spiegelt nur den sichtbaren Teil der Arbeitszeit unserer Lehrerinnen und Lehrer wider. Der andere Teil liegt in einer Black Box verborgen. Wir müssen hier Licht ins Dunkel bringen”, sagt Kultusminister Christian Piwarz. Das Ergebnis der Untersuchung soll Transparenz schaffen und dazu beitragen, zielgenauere Maßnahmen zur Unterrichtsabsicherung abzuleiten. “Es geht darum, die Arbeitsbelastung unserer Lehrkräfte genau zu ermitteln. Nur auf der Basis valider Daten können wir sehen, ob die Arbeitszeit der Lehrkräfte ausreicht, um den vielfältigen Tätigkeiten des Lehrerberufs nachzukommen.” Die Untersuchung bezieht sich auf die gesamten unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Tätigkeiten der Lehrkräfte, auch während der unterrichtsfreien Zeit. Eine erste Zwischenauswertung soll im ersten Schulhalbjahr 2025 vorliegen. Das Gesamtergebnis wird Ende des Schuljahres 2024/2025 ausgewertet.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen widerspricht dem Minister. “Die Behauptung, die Arbeitszeit von Lehrkräften sei eine Black Box, ist schlicht falsch”, erklärte Landesvorsitzender Burkhard Naumann, der auf eine von der GEW in Auftrag gegebene Studie verwies. Diese belegt nach Ansicht der Gewerkschaft die Überlastung von Lehrkräften. Von der neuen Studie verspricht sich Naumann zwar “noch mehr Erkenntnisse”, das Kultusministerium müsse aber “endlich für mehr Entlastung sorgen”, so Naumann.

Laut der GEW-Studie, die 2022 von der Universität Göttingen erstellt wurde, arbeite ein Drittel der Vollzeitkräfte über 48 Stunden pro Woche. “Zentrale Treiber der Mehrarbeit sind neue und zusätzliche Aufgaben.” Für die ausgewählten Lehrerinnen und Lehrer sei die Teilnahme an der Studie zudem eine Mehrbelastung, für die sie finanziell oder zeitlich entschädigt werden müssten.

Der Sächsische Lehrerverband sieht in der Arbeitszeitstudie hingegen “die einmalige Chance”, die tatsächliche Belastung der Lehrkräfte sichtbar zu machen, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende René Michel. Die Studie biete bundesweit einmalig die Möglichkeit, “mit Klischees aufzuräumen und zu zeigen, wie viel Lehrkräfte arbeiten und welche Belastungen im Schulalltag vorherrschen”. Mit einer regelmäßigen Arbeitszeiterfassung habe das allerdings nichts zu tun.

Die Datenerhebung der neuen Studie des Kultusministeriums erfolgt über ein komplettes Schuljahr und umfasst sowohl die tägliche Arbeitszeitaufzeichnung durch die Lehrkräfte selbst in einem Online-Formular als auch Interviews zur subjektiven Wahrnehmung der Arbeitsbelastung, insbesondere in Spitzenzeiten wie Prüfungs- und Korrekturphasen. Die Kosten für die Untersuchung und Auswertung belaufen sich auf rund 540.000 Euro.

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