Stark in der Kritik: Der lukrative Markt für Altklausuren

Stark in der Kritik: Der lukrative Markt für Altklausuren

Quelle: Canva

Berlin. Wie im Rahmen der Recherche  "Verschlusssache Prüfung"  durch “Frag den Staat” ans Licht kam, können Eltern und Schüler in vielen Bundesländern die mit Steuergeldern erstellten Abiturprüfungen in vielen Fällen nicht nutzen. Stattdessen müssen sie teure Übungshefte beim Stark Verlag kaufen, die bis zu 15 Euro pro Heft kosten – der Verlag selbst kommt dabei günstig an die Klausuren. Das Recherchematerial wurde exklusiv von Table.Media und der Süddeutschen Zeitung ausgewertet. 

Der Stark Verlag ist die bekannteste Quelle für die vergangenen Abiturprüfungen. In seinen roten Heften druckt das Unternehmen, das zur britischen Pearson-Gruppe gehört, die Originalprüfungen vergangener Jahre mit Lösungsvorschlägen ab. Der Staat erhält für den Ankauf der Altklausuren nur einen verhältnismäßig geringen Betrag. Die Bundesländer verlangen im Schnitt zwischen 100 und 200 Euro pro Fach und Jahrgang. Hamburg stellt die Nutzungsrechte sogar kostenlos zur Verfügung.

Für das Unternehmen ist das ein großer Erfolg: 2021 erzielte der Stark Verlag laut Bundesanzeiger einen Umsatz von rund 13 Millionen Euro, wobei die roten Hefte für die Prüfungsvorbereitung ganze 82 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten. Mit  15 Euro pro Fach für die Sammlung vergangener Prüfungen können sich die Kosten bei mehreren Fächern schnell summieren – ein Problem mit Blick auf die Bildungsgerechtigkeit. 

Die Pisa-Studien zeigen regelmäßig, dass der Bildungserfolg in Deutschland maßgeblich vom Einkommen der Eltern abhängt. Schülerinnen, deren Familien es sich nicht leisten können, vergangene Prüfungen von privaten Anbietern zu kaufen, sind somit bei der Vorbereitung benachteiligt.

In neun von 16 Bundesländern haben Schüler keinen flächendeckenden Zugriff auf alte Prüfungen. Weder werden die Aufgaben veröffentlicht, noch erhalten Schüler einen geschützten Zugang. Nur Lehrer haben Zugriff darauf, um ihren Unterricht vorzubereiten. In vier Bundesländern können Schüler über ein Portal mit Passwort auf die Aufgaben zugreifen. Zum Beispiel können Schüler in Mecklenburg-Vorpommern über itslearning darauf zugreifen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden die Aufgaben aller Schulformen und Fächer niedrigschwellig online veröffentlicht, um allen Schülern die gleiche Chance zu geben, sich anhand dieser Aufgaben auf Abschlussprüfungen vorzubereiten.

Die Ministerien scheinen die Entscheidung den Eltern zu überlassen, ob sie alte Abiturklausuren für ihre Kinder kaufen möchten oder nicht. Einige Ministerien argumentieren, dass der Kauf bei privaten Verlagen nicht notwendig sei und alte Abiturklausuren auch über den Aufgabenpool der Länder zugänglich seien. Das Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz betont, dass der Kauf bei privaten Verlagen eine private Kaufentscheidung sei, die von ihnen nicht bewertet werde.

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