Vive la différence: Kultureller Austausch und Bildungsverständnis im französischen Schulsystem

Vive la différence: Kultureller Austausch und Bildungsverständnis im französischen Schulsystem

Klassenraum in einem École Élémentaire (Quelle: Commons / Marianna / Clio)

Willkommen zu einer fesselnden Reise durch das französische Bildungssystem! Hier entdeckst du die Struktur, Abschlüsse und das faszinierende Abibac. Von der Vorschule, wo die Kleinsten ihre ersten Schritte ins Wissen machen, bis zum Lycée, wo du deinen Schwerpunkt setzt - das französische Bildungssystem bietet eine vielfältige Bildungsreise. Erfahre alles über das berühmte Baccalauréat, das gefürchtete französische Abitur, und enthülle das Geheimnis des Abibac, eines zweisprachigen deutsch-französischen Abiturs, das eine einzigartige Chance bietet, zwei Kulturen zu entdecken und eine starke Verbindung zu knüpfen. Tauche ein in die faszinierende Welt des französischen Bildungssystems, wo Wissen, Leidenschaft und Entdeckung aufeinandertreffen und dein Verständnis für Bildung und Kultur erweitert wird. Bienvenue dans le monde de l'éducation en France!

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Obwohl das deutsche und französische Schulsystem in ihrer Struktur und Organisation große Unterschiede aufweisen, gibt es dennoch einige Gemeinsamkeiten. Beide Systeme bieten eine umfassende Bildung von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II und haben das Ziel, Schüler:innen auf das Leben und mögliche akademische und berufliche Herausforderungen vorzubereiten. Öffentliche Schulen sind in beiden Ländern kostenlos. Beide Länder legen Wert auf die Förderung von Sprachkenntnissen, wobei Deutsch und Französisch jeweils als wichtige Unterrichtssprachen gelten. Darüber hinaus betonen beide Systeme die Bedeutung von allgemeiner Bildung und ermöglichen es den Schüler:innen, ihre Interessen und Talente zu entdecken und zu entwickeln. Diese gemeinsamen Merkmale zeigen, dass die Bildung in beiden Ländern als Schlüssel zur persönlichen Entwicklung und zur Stärkung der Gesellschaft betrachtet wird.

Das deutsche und das französische Bildungssystem weisen trotz einiger Ähnlichkeiten auch deutliche Unterschiede auf. In Frankreich wird beispielsweise der Wert der Handschriftlichkeit stark betont, wodurch Schüler:innen frühzeitig eine saubere und ästhetische Handschrift entwickeln. Die französische Kultur und Literatur spielt schon früh in der Bildung eine wichtige Rolle. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass Grundschüler in Frankreich oft ihre Hausaufgaben in einer Art Studienhalle, der "accueil des études", erledigen können, während sie auf die Abholung ihrer Eltern warten. Das französische Schuljahr beginnt im September und endet in der ersten Juliwoche, während es in Deutschland üblicherweise im August oder September beginnt und im Juni oder Juli endet. Zudem wird in Frankreich großer Wert auf gesundes und abwechslungsreiches Schulessen gelegt, das oft in der Schulkantine angeboten wird, um die körperliche Gesundheit und Fitness der Schüler:innen zu fördern. Eine Schulpflicht besteht in Frankreich bis zum 16. Lebensjahr, ähnlich unserer zehnjährigen Schulpflicht. Es gibt auch die Möglichkeit des Homeschoolings durch die Eltern oder private Lehrkräfte, aber dies ist kaum verbreitet in Frankreich. Diese Unterschiede zeigen, wie sich die beiden Bildungssysteme in ihren praktischen Aspekten unterscheiden und kulturelle Besonderheiten widerspiegeln.

Ein einheitliches System

Das französische Schulsystem gliedert sich in mehrere Stufen, die eine kontinuierliche Bildungsreise von der frühen Kindheit bis zum Abschluss der Sekundarstufe II bieten. Hier ist der Aufbau des französischen Schulsystems:

École Maternelle (Vorschule): Die Vorschule ist für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren obligatorisch. Sie ist in drei Altersstufen unterteilt: die Petite Section (PS), die Moyenne Section (MS) und die Grande Section (GS). In der Vorschule lernen die Kinder grundlegende soziale Fähigkeiten, kognitive Fertigkeiten und künstlerische Aktivitäten durch spielerische Methoden.

École Élémentaire (Grundschule): Die Grundschule dauert fünf Jahre und ist für Kinder von 6 bis 11 Jahren vorgesehen. Sie umfasst die Klassenstufen CP (Cours Préparatoire) bis CM2 (Cours Moyen 2). Die Schüler:innen erhalten hier eine umfassende Grundbildung in Fächern wie Mathematik, Französisch, Geschichte, Geographie, Naturwissenschaften, Kunst, Musik, Sport und manchmal auch einer Fremdsprache wie Englisch.

Collège (Sekundarstufe I): Nach der Grundschule beginnt die Sekundarstufe I, die am Collège stattfindet. Das Collège dauert vier Jahre und ist für Schüler:innen im Alter von 11 bis 15 Jahren vorgesehen. Die Schüler:innen absolvieren hier die Klassenstufen der 6ème bis zur 3ème. Die Fächer sind breiter und vertiefender als in der Grundschule. Es werden allgemeine Themen gelehrt, um eine umfassende Bildung zu gewährleisten. Ab dem Collège gibt es ein Bewertungssystem mit 20 Punkten.

Lycée (Sekundarstufe II): Die Sekundarstufe II findet im Lycée statt und dauert drei Jahre. Sie ist für Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 18 Jahren vorgesehen. Das Lycée bietet verschiedene Fachrichtungen, aus denen die Schülerinnen und Schüler eine auswählen können, je nach ihren Interessen und Zukunftsplänen. Die Fachrichtungen können Naturwissenschaften, Wirtschaft und Sozialwissenschaften, Literatur und Sprachen oder auch Kunst und Musik umfassen.

Baccalauréat (Abitur): Das französische Abitur, bekannt als "Bac", ist der bedeutendste Abschluss im französischen Bildungssystem. Es wird nach dem erfolgreichen Abschluss des Lycée abgelegt. Das Bac besteht aus schriftlichen und manchmal auch mündlichen Prüfungen in den verschiedenen gewählten Fachrichtungen und ist entscheidend für den Zugang zu Hochschulen und Universitäten.

Ein Überblick über alle französischen Bildungswege (Quelle: EuroRekruter)

AbiBac

(Quelle: Institut français)

Das AbiBac ist ein zweisprachiges deutsch-französisches Abitur, das Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bietet, gleichzeitig die deutsche Hochschulreife und das französische Baccalauréat zu erwerben. Es wurde 1994 ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit und den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Frankreich zu fördern. Um das AbiBac zu erlangen, müssen die Schülerinnen und Schüler sowohl die deutschen als auch die französischen Anforderungen für das Abitur erfüllen. Dies bedeutet, dass sie sowohl die notwendigen Fächer und Prüfungen des deutschen Abiturs absolvieren als auch die spezifischen Anforderungen des französischen Baccalauréats erfüllen müssen. Das AbiBac bietet den Schüler:innen eine einzigartige Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen, interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln und sich auf internationale Studiengänge und Karrieren vorzubereiten. Es ist eine wertvolle Qualifikation, die Türen zu deutschen und französischen Hochschulen und Universitäten sowie zu internationalen Möglichkeiten öffnet und eine enge Verbindung zwischen den beiden Ländern fördert.

Wir hatten im Rahmen unserer Recherche auch die Möglichkeit, mit einer Schülerin aus Weimar zu sprechen, die 2021 das AbiBac abgelegt hat. Sie hat uns sehr positiv von ihren Erfahrungen berichtet und konnte uns noch den ein oder anderen Unterschied zum deutschen Schulsystem verraten: So können die Schüler:innen und zum Teil auch Lehrkräfte während des Schultages das Schulgelände nicht verlassen. Pünktlich zum Schulbeginn werden die Eingänge verschlossen und bleiben dies bis zum Unterrichtsende auch. Besonders für unpünktliche Schüler:innen stellt das eine große Herausforderung dar. Hier bei uns wäre eine solche Regelung nicht denkbar, da viele Klassen an einer Schule zu unterschiedlichen Zeiten in den Unterricht starten.

Insgesamt zeigt die Betrachtung des französischen Bildungssystems, wie Bildung nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch kulturelle Identität prägt und interkulturelle Verbindungen fördert. Die Struktur, Abschlüsse und auch das faszinierende AbiBac verdeutlichen, wie Länder ihre Bildungssysteme gestalten, um die individuelle Entwicklung ihrer Schülerinnen und Schüler zu fördern und sie auf die Herausforderungen der globalisierten Welt vorzubereiten. Ob in Frankreich oder anderswo auf der Welt – Bildung bleibt ein Schlüssel zur persönlichen Entfaltung, zum Verständnis anderer Kulturen und zur Gestaltung einer besseren Zukunft. Lasst uns daher weiterhin die Bedeutung der Bildung, für unsere Gesellschaften erkennen und gemeinsam dafür sorgen, dass Bildung für alle zugänglich, qualitativ hochwertig und inspirierend ist. Denn nur so können wir die Weichen für eine lebendige, vielfältige und erfolgreiche Gesellschaft stellen.

Was denkt ihr über das französische Bildungssystem? Würdet ihr mit euren Schüler:innen beim AbiBac mitmachen? Erzählt es uns in den Kommentaren!

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