Welt-Aidstag: So steht es um Prävention und Aufklärung an den Schulen

Von
Carolin Kunkel
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December 2023
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Welt-Aidstag: So steht es um Prävention und Aufklärung an den Schulen

Die berühmte rote Schleife stellt ein sichtbares Zeichen für den Kampf gegen HIV/AIDS dar. (Quelle: Canva)

Lange vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie sah sich die Welt bereits mit einer globalen Gesundheitskrise konfrontiert: die HIV/Aids-Pandemie, die in den 1980er Jahren begonnen hat. Diese Krankheit, die sich hauptsächlich durch sexuelle Übertragung verbreitet, hat seitdem viele Menschen das Leben gekostet, darunter auch berühmte Persönlichkeiten wie den Frontsänger von Queen, Freddy Mercury. Dank des medizinischen Fortschritts kommt eine Diagnose zwar nicht mehr automatisch einem Todesurteil gleich, das Ansteckungsrisiko bleibt jedoch weiterhin bestehen. Im Jahr 2021 lebten allein in Deutschland 90.800 Menschen mit HIV-Infektionen. Trotz der bedeutenden medizinischen Errungenschaften bestehen bis heute vielfältige Stigmata und Vorurteile im Zusammenhang mit der Krankheit, die auch das gesellschaftliche Bewusstsein und den präventiven Schutz beeinflussen. In diesem Kontext gewinnt die Prävention von HIV/AIDS an Schulen in Deutschland an Bedeutung, nicht nur als Schutzmaßnahme gegen die Ausbreitung, sondern auch als Instrument zur Bewusstseinsbildung und zum Abbau von Vorurteilen. Am Aids-Welttag möchten wir euch deshalb den aktuellen Stand, Herausforderungen und nützliche Informationen sowie Anlaufstellen an die Hand geben.

Der aktuelle Stand und Kampagnen

HIV (Human Immunodeficiency Virus) ist ein Virus, das das menschliche Immunsystem infiziert und schwächt. Eine Infektion mit HIV kann zu AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) führen, einer fortgeschrittenen Stufe der HIV-Infektion. 

HIV wird hauptsächlich durch den Austausch von Körperflüssigkeiten übertragen, insbesondere durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, gemeinsame Nutzung von infizierten Nadeln bei Drogenkonsum, von der Mutter auf das Kind während der Geburt oder durch das Stillen sowie durch den Austausch von infiziertem Blut, beispielsweise durch unsichere Bluttransfusionen oder gemeinsame Nutzung von nicht sterilisierten medizinischen Instrumenten.

Dabei ist wichtig zu beachten, dass HIV und Aids nicht dasselbe sind, sondern die Krankheit Aids dann auftritt, wenn das Immunsystem des Körpers durch die HI-Viren so stark geschädigt ist, dass es nicht mehr in der Lage ist, Infektionen und bestimmte Krankheiten zu bekämpfen. Es gibt jedoch effektive antiretrovirale Medikamente, die die Vermehrung des Virus verlangsamen und das Fortschreiten von HIV zu AIDS verhindern können. Eine frühe Diagnose und eine lebenslange medikamentöse Therapie können die Lebensqualität von Menschen mit HIV erheblich verbessern und die Lebenserwartung steigern. Anders als vielerorts immer noch angenommen, wird HIV nicht durch alltäglichen Kontakt wie Händeschütteln, Umarmungen oder gemeinsames Essen übertragen. Trotzdem halten sich diese Vorurteile und Stigmata und verhindern schlimmstenfalls eine angemessene Aufklärung und Behandlung und stehen oftmals der Eingliederung Betroffener in die Gesamtgesellschaft im Weg.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die Deutsche Aidshilfe (DAH) und die Deutsche AIDS-Stiftung (DAS) haben aus diesem Anlass die Kampagne "Leben mit HIV. Anders als du denkst?" zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember ins Leben gerufen. Die Initiative fordert dazu auf, Vorurteile gegenüber Menschen mit HIV zu überdenken und zu hinterfragen. In der Kampagne erzählen sieben Menschen mit HIV ihre Geschichten, um Diskriminierung durch Information und Selbstbewusstsein entgegenzutreten. Die Protagonist:innen repräsentieren vielfältige Persönlichkeiten und Lebensweisen, von einer Drag Queen über eine Sexualtherapeutin bis hin zu einer bayerischen Postbotin. Die Kampagne betont, dass HIV heute gut behandelbar ist, wenn auch noch nicht heilbar, und dass HIV-positive Menschen bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ein gesundes Leben führen können. Persönliche Geschichten in verschiedenen Formaten und Kanälen sind Teil der Welt-Aids-Tag-Veranstaltungen in Deutschland.

Laut einer Erhebung der deutschen Aidshilfe können heute  90 Prozent der Befragten gut mit ihrer HIV-Infektion leben, jedoch haben 95 Prozent in den letzten zwölf Monaten mindestens eine diskriminierende Erfahrung aufgrund von HIV gemacht. Die Umfrage aus dem Jahr 2020 zeigt, dass Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen vorhanden ist, obwohl HIV unter Therapie nicht übertragbar ist. Der Welt-Aids-Tag wird seit 1988 veranstaltet und zielt darauf ab, Solidarität mit HIV-positiven Menschen zu zeigen und der Verstorbenen zu gedenken. 

Daneben initiiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) seit 1987 die Kampagne "Gib Aids keine Chance", eine der größten Gesundheitsförderungsmaßnahmen in Deutschland. Diese Kampagne setzt auf eine vielfältige Kommunikation, die Medien, persönliche Beratung und interaktive Online-Angebote kombiniert, um verschiedene Bevölkerungsgruppen zu erreichen.

Unter dem Namen "LIEBESLEBEN" wird die Kampagne seit Mai 2016 fortgesetzt, um nicht nur HIV, sondern auch andere sexuell übertragbare Infektionen zu thematisieren. "LIEBESLEBEN" setzt auf die Enttabuisierung von Geschlechtskrankheiten, fördert Solidarität mit von HIV betroffenen Menschen und informiert über Risiken, Schutzmaßnahmen sowie die Wichtigkeit von Kondomnutzung und Arztbesuchen bei Verdacht auf eine sexuell übertragbare Krankheit.

Herausforderungen für die Thematisierung in der Schule

Obwohl der erste Fall von HI-Viren bereits 1981 diagnostiziert wurde und viele Organisationen existieren, die sich den Kampf gegen HIV/AIDS auf die Fahne geschrieben haben, ist das Sortiment an Aufklärungsmaterialien für Schulen in Deutschland mangelhaft. Die Kampagnen und Richtlinien der Bundesländer sind in den meisten Fällen veraltet. 

So stammt das Programm “Liebe in Zeiten von Aids” (LIZA) aus dem Jahr 2004, das Lehrkräften auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus noch immer angeboten wird. Außerdem wird dort auf die Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen von 2016 verwiesen, die zwar die Notwendigkeit für Aufklärung betonen, aber darüber hinaus in diesen keine konkreten Materialien zur Verfügung stellen. “Schülerinnen und Schüler an den weiterführenden Schulen erwerben biologisch-medizinisches Wissen über sexuell übertragbare Krankheiten (STD), Übertragungswege und Verläufe, den HI-Virus und die Immunschwächeerkrankung AIDS”, lautet ein Ziel der Richtlinie. Inwiefern dieses Wissen vermittelt werden soll, lässt sich anhand der Website nicht ablesen.

Auf der Website des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen wird zwar auf den Bedarf zur HIV/AIDS-Aufklärung an Schulen hingewiesen, der Link für die ergänzenden Empfehlungen des Ministeriums zur AIDS-Aufklärung von 2012 lässt sich allerdings nicht mehr abrufen.

Auch im Lehrplan Sexualerziehung des Hessischen Kultusministeriums von 2016 finden sich Hinweise auf das Ziel der Prävention und Bewusstmachung der sexuell übertragbaren Krankheit AIDS. Weitere Empfehlungen oder externe Links werden dennoch nicht zur Verfügung gestellt. 

In den anderen Bundesländern sieht die Lage ähnlich aus. So plant das deutsche Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit bis 2030 in ihrer Strategie, “Materialien für Schulen, um das Thema im Rahmen der Sexualaufklärung im Unterricht zu behandeln”, zu entwickeln und bereitzustellen. Es wird empfohlen, dass “freie Träger” Lehrkräfte bei der Behandlung im Unterricht unterstützen sollen.

Die mangelnde Aktualität und Ressourcenausstattung dieser Bildungsprogramme stellen eine Barriere dar, um Schüler:innen effektiv über HIV/AIDS aufzuklären und Vorurteile abzubauen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist ein dringender Bedarf an überarbeiteten und zeitgemäßen Bildungsmaterialien sowie an einer stärkeren Integration von aktuellen Informationen in die Lehrpläne der Schulen anzuerkennen und schnellstmöglich zu erfüllen.

Materialien und Anlaufstellen für Lehrkräfte

Dennoch gibt es einige Materialsammlungen für Lehrkräfte, die bei der Erarbeitung des Themas sexuelle Aufklärung und AIDS unterstützen können. Das Projekt schule.loveline der BZgA bietet kostenlose Arbeitsblätter mit Hinweisen für Lehrkräfte für die Fächer Biologie, Deutsch, Ethik, Gemeinschafts- und Sozialkunde, Pädagogik, Philosophie und Religion. 

Auch die kostenlose Suchmaschine für Bildungsmedien, Elixier, des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation stellt verschiedene Unterrichtsmaterialien zur AIDS-Prävention zur Verfügung. 

Allgemeine Informationen können sich Lehrkräfte in den Broschüren der BZgA und auf der Internetseite Deutsche Aidshilfe beschaffen.

Darüber hinaus informiert der Funk-Kanal Mr.Wissen2go in seinem Video “AIDS – der schleichende Tod” über die Krankheit. Lehrkräfte können dieses Video im Unterricht einsetzen, um das Thema beispielsweise einzuleiten.

Zusammenfassend besteht in Deutschland dringender Bedarf, das Sortiment an Informationsmaterialien für Lehrkräfte und Schulen zu erweitern. Obwohl Menschen heutzutage mit der diagnostizierten Krankheit gut leben können, ist es notwendig, Schüler:innen genügend aufzuklären und die Krankheit weiter einzudämmen. Der Welt-Aidstag bietet eine gute Gelegenheit, das Thema im Unterricht aufzugreifen. 

Zum Thema Sexualbildung und Verhütung könnt ihr euch in diesem Artikel informieren. 

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