60 Jahre nach “I have a dream” – Wer war Martin Luther King und was bleibt von ihm?

Von
Armend Kokollari
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16
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January 2023
|
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60 Jahre nach “I have a dream” – Wer war Martin Luther King und was bleibt von ihm?

Martin Luther King, Jr. redet mit dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten Lyndon B. Johnson im Oval Office des Weißen Hauses, 3. Dezember 1963. (Bildquelle: Yoichi Okamoto, LBJ Library)

Heute jährt sich Martin Luther Kings “I have a dream” Rede zum 60. Mal. King, der in den 60er-Jahren die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung anführte, gilt bis heute als Ikone des Freiheitskampfes und zählt zu den einflussreichsten Bürgerrechtler:innen, indem er sich für die Aufhebung der Apartheid und Diskriminierung von Afroamerikaner:innen einsetzte. Seine Predigten von Gewaltlosigkeit mitsamt friedlicher Protestbewegungen halfen, die Gleichberechtigung der Afroamerikaner:innen voranzutreiben. Seit 1986 wird dieser geschichtsträchtige Gedenktag, immer am dritten Montag im Januar gefeiert – in diesem Jahr fällt dieser auf den 16. Januar. 

Wir schauen auf das Leben des Martin Luther King, was ihn in seinem Kampf gegen die Apartheid antrieb und wie er es schaffte, tausende Menschen zu begeistern mit ihm zu protestieren. Was bleibt von seinem einstigen Kampf und den Träumen, die er für sein Land sah und wie sehr begegnet er uns heute noch in der Gesellschaft und im Schulunterricht?

Vom kleinen Jungen aus der Mittelschicht zum visionären Sozialreformer

Martin Luther King wurde als Michael King Jr. am 15. Januar 1929 in Atlanta im Bundesstaat Georgia als Sohn einer Lehrerin und eines Baptistenpredigers geboren. Während einer Europareise ließ der Vater später den Namen seines Sohnes in Martin Luther King Junior ändern. Er ehrte damit Martin Luther, den Anstifter der Reformation im 16. Jahrhundert. Seine Kindheit war von der damals tief in der Gesellschaft verwurzelten Apartheid gekennzeichnet. Sie trennte alle Bereiche des täglichen Lebens in schwarz und weiß – er musste gesonderte Schulen besuchen, durfte nicht mit Weißen in einem Bus fahren, im selben Restaurant essen oder am selben Arbeitsplatz tätig sein. Als die Ausgrenzungserfahrungen zunahmen und er nach der Grundschule keinen Kontakt mehr zu seinem langjährigen weißen Freund haben durfte, bewegte ihn diese Erfahrungen dazu, sich stärker für die Rechte von Schwarzen einzusetzen – dieses Credo sollte er bis an sein tragisches Lebensende beibehalten. Mit 17 Jahren wurde er Hilfsprediger seines Vaters in Atlanta. Durch die damals anhaltende Apartheid besuchte er ab 1944 die einzige Hochschule für Schwarze im Süden der USA, das Morehouse College, wo er 1948 seinen Abschluss in Soziologie machte. Anschließend führte ihn sein Weg in das Crozer Theological Seminary. Hier festigte er seinen Glauben durch ein Studium der Theologie. Er befürchtete jedoch, den Ansprüchen der Weißen nicht gerecht zu werden und lernte umso mehr, wodurch er dieses mit einem Bachelor of Divinity 1951 als Jahrgangsbester abschloss. Hiernach begann Martin Luther King als Pfarrer in Montgomery, Alabama, zu arbeiten. 

Mitte der Fünfzigerjahre begannen erste Proteste gegen die Apartheid. In Montgomery, Kings Wohnort, weigerte sich die afroamerikanische Bevölkerung unter ihnen die Bürgerrechtlerin Rosa Parks, auf ihre Sitzplätze im Bus zugunsten der Weißen zu verzichten. Martin Luther King, damals 26 Jahre alt, wurde zum Leiter einer Gruppe ernannt, die den sogenannten Boykott organisierte: Die Southern Christian Leadership Conference (SCLC). Anschließend kündigte er seine Pfarrstelle in Montgomery und zog zurück nach Atlanta zu seinem Vater. Von hier aus bereiste er den amerikanischen Süden, um Reden zu halten und weitere friedliche Protestaktionen zu organisieren unter anderem die “Freedom Rides” in Georgia bei denen Schwarze gewaltfrei in kleinen Gruppen gegen die Apartheid im öffentlichen Raum demonstrierten. Die landesweiten Proteste zeigten Wirkung – Im Juni 1963 legte Präsident John F. Kennedy den "Civil Rights Act" vor, der die weitgehende landesweite Gleichberechtigung vorsah.

I have a dream – Sternstunden der 68er

Bis heute wird ein besonderes Ereignis immer wieder mit Martin Luther King in Verbindung gebracht. Wir schreiben den 28. August 1963 in Washington, DC. Über 250.000 Menschen haben sich auf den Stufen und auf dem Platz vor dem Lincoln Memorial versammelt. Sie sind dem Aufruf zum “March on Washington” für Arbeit und Freiheit gefolgt, um für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung zu demonstrieren. Zu diesem Anlass hielt King vor 60 Jahren vor der tobenden Menschenmenge eine Rede, die bis heute als die Beste der wichtigsten 100 politischen Reden Amerikas gilt. “Von der Aufmerksamkeit, die er erhält, kann es der Marsch mit der Mondlandung aufnehmen", so Historiker William G. Thomas. Seine legendäre Rede wurde unter dem Titel “I have a dream” (auf Deutsch: “Ich habe einen Traum”) bekannt. Martin Luther King drückt in ihr seinen Schmerz und die Sehnsucht nach Gleichberechtigung und Emanzipation der Afroamerikaner:innen aus. “Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden”, so seine Verkündung “Ich habe einen Traum", predigt King. 

King gelang es in seiner Rede die Bürgerrechte für die Afroamerikaner:innen einzufordern, ohne gegen die weiße Bevölkerung der USA Stimmung zu machen. Er verbindet Ideen der Bibel und der Unabhängigkeitserklärung mit den Anliegen der Afroamerikaner:innen und konstatiert, dass die Vereinigten Staaten erst dann ihren Gründungsidealen entsprechen wird, wenn die Rechte, die in der Unabhängigkeitserklärung eingefordert werden, für alle Bürger und Bürgerinnen gelten.

Martin Luther Kings Kampf für die Umsetzung der Gleichberechtigung hatte Erfolg. Nur ein Jahr nach seiner berühmten Traum-Rede wurde in den USA per Gesetz die Apartheid aufgehoben und wenig später das uneingeschränkte Wahlrecht für die gesamte schwarze Bevölkerung verabschiedet. Kings Strahlkraft sorgte für weltweites Aufsehen. Für seinen gewaltlosen Widerstand erhielt King 1964 die größte Auszeichnung, die die Menschheit zu vergeben hat – den Friedensnobelpreis.

Was ist geblieben von seinem Traum?

Heute gilt für Afroamerikaner:innen und Weiße formal gleiches Recht. Fast 60 Jahre nach dem „Marsch auf Washington“ 1963 hat sich in Sachen Gleichberechtigung in den USA einiges getan – nicht zuletzt durch den ersten schwarzen Präsidenten Barack Obama. Doch zeigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre – die anhaltende Polizeigewalt gegen Schwarze, die alltägliche Diskriminierung und die immer noch vorherrschende soziale Schere zwischen Schwarz und Weiß, dass die US-amerikanische Gesellschaft diesen Traum noch nicht gänzlich lebt. Die „Washington Post“ hat ermittelt, dass schwarze Amerikaner:innen deutlich häufiger von der Polizei erschossen werden als weiße: Obwohl sie nur 13 Prozent der US-Bevölkerung stellen, hat jedes vierte Opfer eine schwarze Hautfarbe. Die Tötung von George Floyd durch den weißen Polizisten Derek Chauvin im Mai 2020 markierte einen traurigen Höhepunkt und sorgte für weltweite Anteilnahme und Proteste. Heute stehen vielmehr Polizeigewalt und struktureller Rassismus im Zentrum der weltweiten Proteste, die nicht zuletzt durch die antirassistische Bewegung Black Lives Matter, die 2020 ihren Höhepunkt erreicht hat, an Bedeutung gewinnen. Zudem gibt es zahlreiche soziologische Studien der vergangenen Jahre, die den Schluss nahelegen, dass die durch den Civil Rights Act eingeleitete “Durchmischung” (desegregation) der amerikanischen Gesellschaft inzwischen zum Stillstand gekommen ist und sich insbesondere an öffentlichen Schulen abzeichnet. Viele Programme der sogenannten Affirmative Action sollten die Benachteiligungen der Afroamerikaner:innen kompensieren, indem sie ihnen beispielsweise Studienplätze reservierte. Doch bis heute ist die weiße Mehrheitsbevölkerung im Schnitt wohlhabender, höher gebildet und gesünder. Die Erfüllung von Martin Luther Kings Traum ist also noch lange nicht erreicht.

Der Februar gilt in den Vereinigten Staaten und Kanada als Black History Month oder African American History Month. Während dieser Zeit werden wichtige Persönlichkeiten der Geschichte für ihre Beiträge zur Gleichberechtigung, ihre Bemühungen um die Entwicklung starker Gemeinschaften und ihre Gaben zur kulturellen Bereicherung und Unterhaltung aller anerkannt und in Erinnerung gerufen. Martin Luther King wird hier ebenfalls jährlich für seine Errungenschaften angedacht. Seine Redebeiträge eignen sich aufgrund der anhaltenden Aktualität hervorragend in diversen Unterrichtsfächern. Für den Religionsunterricht lassen sich die Textbausteine zu seinen gewaltlosen Aktionen aus den “Jahresringen” der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen in den Unterricht einbauen. Die Schüler:innen sollen dabei Aggressionen in unserer Lebenswelt wahrnehmen, herausfinden, wie gesellschaftliche Ungerechtigkeit, Gewalt und Aggression fördert und lernen Martin Luther King als einen Menschen kennen, der aufgrund seines Glaubens Gewalt erkennt, beim Namen nennt und dagegen angeht. Einen Audiobeitrag mit Unterrichtsvorschlägen für den Geschichts- und Ethikunterricht stellt der BR zur Verfügung. Der Beitrag schildert den Aufstieg Martin Luther Kings und wirft gleichzeitig auch ein Schlaglicht auf die Gesellschaft in den USA der 1960er Jahre, wobei deutlich wird, dass der Mord zwar das Leben von Martin Luther King zu zerstören vermochte, seine Ideen aber keineswegs.

Habt ihr das Leben des Martin Luther King schon einmal im Unterricht behandelt? Was waren eure ersten Eindrücke von seiner geschichtsträchtigen “I have a dream” Rede? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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