Besorgniserregender Trend: Immer weniger Kinder können schwimmen

Besorgniserregender Trend: Immer weniger Kinder können schwimmen

Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage hat sich die Anzahl der Nichtschwimmer unter den Grundschüler:innen in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Demnach sind 20 Prozent der Kinder nicht in der Lage, sich im Wasser selbstständig und sicher fortzubewegen. Wie kam es zu diesen besorgniserregenden Zahlen und was kann getan werden, damit sie nicht noch weiter sinken?

Verlust einer Kulturturtechnik 

Dabei war Schwimmunterricht in Deutschland lange Zeit selbstverständlich. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ist die größte Wasserrettungsorganisation der Welt und Spitzenreiter in Bezug auf die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Ute Vogt, Präsidentin der DLRG sieht im Schwimmen viel mehr als nur einen Sport: "Schwimmen ist eine Kulturtechnik, die zur Grundausbildung gehört, wie das Lesen, Schreiben und Rechnen". Beim Beglückwünschen von Olaf Scholz zu seinem Amtsantritt als Bundeskanzler, hat der Verein den Wunsch geäußert, dem Schwimmunterricht in Zukunft einen Allgemeinplatz an deutschen Schulen einzuräumen. 

Es muss ja nicht jeder Rettungsschwimmer:in mit goldenen Abzeichen werden. Bronze allerdings sollte schon drin sein, so meint Christian Landsberg, Leiter im DLRG-Präsidium. Ute Vogt sieht die Relevanz der Schwimmfähigkeit auf derselben Ebene wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Was steht dem Schwimmen lernen also im Weg?

Ertrinken von Chancen

Ein Faktor, der zu der großen Anzahl an Nichtschwimmer:innen beitrug, war die Corona-Pandemie in den letzten Jahren. Wie in vielen anderen Bereichen wurde die Nicht-Schwimmer-Problematik durch die Pandemie nur noch verschärft und förderte, was bereits vorher schwelte: massive Probleme im deutschen Bildungssystem, welche es zu lösen gilt. Ein Trend hatte sich bereits in den Jahren zuvor abgezeichnet: Es gibt zu wenig Lehrkräfte, die Schwimmunterricht geben könnten – und das landesweit. Erschwerend hinzu kommt ein Mangel an Schwimmhallen, von denen immer mehr aufgrund von Sanierungsproblemen oder horrenden Energiepreisen schließen. Peter Pattke, Präsident des sächsischen Sportlehrerverbands, hat Zweifel daran, wie man die Lage überhaupt noch verbessern kann: “Man muss auch einfach mal ehrlicherweise sagen, dass Corona, wie bei allen Sachen, als Brennglas fungiert. Wenn schon vorher die normale Absicherung kaum noch möglich war, dann ist es in einer Krisensituation erst recht nicht möglich."

Das Einkommen von Familien scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen. 49 Prozent der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2500 Euro können nicht schwimmen. Bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen über 4000 Euro sind es dagegen nur zwölf Prozent.

Wo ist der Rettungsring?

Was kann getan werden, damit auch künftige Generationen wieder schwimmen lernen? Versuche zur Verbesserung gab es bereits in der Form von Gutscheinen, die beispielsweise vom sächsischen Kultusministeriums an Eltern ausgegeben wurden, um diese dann bei Schwimmvereinen einzulösen. Ein gut gemeinter Versuch, allerdings sind die Vereine oft ausgebucht. Auf einen Platz wartet man mitunter Jahre. Pattke ist zudem der Meinung, dass der Schwimmunterricht nur in der Schule alle Kinder erreichen kann. Des Weiteren sieht er hier ein Versagen der Gesellschaft darin, Grundfertigkeiten für das Leben nicht an die Kinder weiterzugeben. 

Dennoch haben Eltern und Lehrkräfte einige Möglichkeiten, selbst unterstützend tätig zu werden. Darunter fällt z.B. die Suche nach Kooperationspartnern, Stiftungen, Initiativen oder Sportvereinen, um Schwimmunterricht an der jeweiligen Schule möglich zu machen. Auch wenn die Schule die gesetzlich geregelten 30 Minuten Schwimmunterricht pro Woche im Jahr nicht einhalten kann, so würde sich eine Projektwoche mit der Unterstützung einer dieser Organisationen anbieten. Weiterhin hat Tübingen einiges an Erfolgen gefeiert mit dem Projekt “Schwimmen für alle Kinder” mit dem Ziel, möglichst vielen Kindern und Jugendlichen aus Familien mit wenig Geld kostenfrei schwimmen beizubringen.

Einen besonderen Ansatz verfolgt hier die Josef Wund Stiftung: Fahrende Schwimmbecken oder auch Schwimmcontainer, die mit einem Sattelzug zu den Schulen gebracht werden, mitsamt Umkleidekabinen und Duschen.

Falls ihr demnächst eine Schwimmstunde planen solltet, haben wir euch hier einen Ratgeber der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) herausgesucht. Das Portal Kita.de bietet ebenfalls einige nützliche Tipps und Tricks für die Schwimmstunde.

Was sind eure Erfahrungen in Bezug auf den Schwimmunterricht? Teilt eure Erfahrungen doch gerne in den Kommentaren.

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