Kulturen gemeinsam entdecken: Das Chinesische Neujahr

Kulturen gemeinsam entdecken: Das Chinesische Neujahr

Chunjie 春节 - Das chinesische Frühjahrsfest

Interkulturelle Bildung fördert Schlüsselkompetenzen für eine globalisierte, von Vielfalt geprägte Welt. Damit Kulturen nicht nebeneinander, sondern miteinander leben, braucht es Wertschätzung und Anerkennung für Lebensunterschiede und Identitäten aller Menschen. Alteritätserfahrungen fest im Unterricht zu integrieren kann zu einem wachsenden Bewusstsein für andere Kulturen beitragen.

Das Chinesische Neujahr zeigt Traditionen einer vollkommen anderen Weltanschauung und hat kaum Berührungspunkte mit dem westlichen Silvester. Das fängt bereits beim Datum an: Viele Länder im ostasiatischen Raum beginnen das neue Jahr genau heute. Laut dem Tierkreiskalender wird 2023 im Zeichen des Hasen stehen. Aus welchen Bedeutungen dieser und andere Bräuche entstanden sind und weitere wissenswerte Fakten zum Chinesischen Neujahrsfest, haben wir euch für eine gelingende Lerneinheit im Unterricht recherchiert.

Vom Entstehungsmythos zum Frühlingsfest

Eine alte Legende besagt, dass ein menschenfressendes Monster jährlich aus den Bergen oder, je nach Überlieferung, aus dem Meer kam, um seinen Hunger nach dem Tiefschlaf zu stillen. Zum Schutz behalfen sich die Menschen mit Lärm, Feuer und Farbe, um die Vertreibung des Monsters zu vollziehen. Heute wird der Jahreswechsel nach dem hiesigen Ungeheuer benannt: Gou nian. Das Chinesische Neujahr vertreibt somit die bösen Geister des vergangenen Jahres, um alles Alte hinter sich zu lassen.

Der traditionelle Feiertag fällt immer auf den zweiten Neumond zwischen Januar und Februar nach der Wintersonnenwende. In diesem Jahr fällt er damit auf den heutigen Freitag. So verschiebt sich der Neujahrstag von Jahr zu Jahr. Die Festbegehung und Reinigung vom alten Jahr dauert 15 Tage an und endet mit Beginn des Laternenfestes am ersten Vollmond des neuen Jahres. 

Während sich der uns bekannte, gregorianische Kalender nach dem Lauf der Erde um die Sonne ausrichtet, geht das neue Jahr in China von einem sogenannten Mondkalender aus. Mit dem Neujahrsfest werden nach der chinesischen Astrologie wechselhafte Zyklen von zwölf verschiedenen Erdzweigen verbunden. Jedes Jahr wird durch eines der zwölf Tiere des Tierkreiszeichens repräsentiert und ist mit seinen Attributen und einem Himmelsstamm verbunden. So zum Beispiel „Wasser und Yin“. Daraus entsteht 兔 - Das Jahr 2023 des Wasser-Hasen. Es dauert genau zwölf Mondzyklen an und damit 355 Tage. Der wichtigste Feiertag in China ist ganz allgemein im chinesischen Kulturkreis auf der ganzen Welt verbreitet. In Taiwan, Hongkong und Singapur feiert man diesen Tag genauso wie in Thailand, Vietnam, den Philippinen,Südkorea und vielen weiteren nicht-chinesischsprachigen Ländern. Festlichkeiten anlässlich des chinesischen Jahreswechsels finden sich so überall wieder, auch in New York, Paris, London oder Sydney, dem Ort mit dem größten chinesischen Neujahrsfest außerhalb Asiens.

Eine Parade anlässlich des Chinesischen Neujahrs in Sydney’s Chinatown

Bräuche und Rituale

Wie auch bei uns veranlasst das chinesische Neujahrsfest Menschen dazu, Verwandte zu besuchen und den familiären Zusammenhalt zu zelebrieren. Gefühlt halb China ist um die Zeit des Jahreswechsels auf Schienen und Straßen unterwegs, um die Familie zu besuchen. Städte leeren sich, denn viele führt der Weg zurück aufs Land zu den Eltern. Ahnen und Götter werden feierlich verehrt. In der chinesischen Tradition steigen an diesem Tag die Götter in den Himmel, um dem Jadekaiser Yu Di zu huldigen. Im kollektiven Imaginären geht es historisch betrachtet um die Vertreibung von Ängsten. Mehrere Tage werden heute noch dafür aufgewandt, sich von Schwierigkeiten und Problemen des vergangenen Jahres zu befreien. Manchmal kann ein großes Festessen fünf bis sieben Tage andauern, wo feierliche Rituale praktiziert und Geschenke überreicht werden. Alles soll zu Glück und Wohlergehen führen.

Während der 15 Tage, an denen das Frühlingsfest gefeiert wird, finden bunte Umzüge statt. Je intensiver die Farben, desto mehr Geister können vertrieben werden. Von Menschen bewegte Drachen tanzen zu lauten Trommelklängen und Laternen leuchten bis in die Nächte. Symbolisch betrachtet ist der Drache ein Schutzschild, der Unglück abwehren soll. Je länger der Drache durch Menschen getragen wird, desto größer
seine Macht.

Generell ist das chinesische Neujahr stark auf Gemeinschaft, anstatt auf eigene Vorsätze ausgerichtet. Im Vergleich zu diesem Tag spielen individuelle Geburtstage im traditionellen China kaum eine Rolle. Es hat sich daher der Brauch bewahrt, dass in der Zeit des chinesischen Neujahrs die Bevölkerung ein Jahr älter wird. Mit der Ausführung glücksbringender Gebräuche steigert sich nach kulturellem Bewusstsein die Chance auf Gesundheit, Frieden und Wohlstand. Mit dem Öffnen von Fenstern und Türen, um das Glück während des Festes hereinzulassen, oder das Haus zu putzen, damit dieses gleich am ersten Tag des neuen Jahres Platz finden kann, werden Handlungen zur Vorsorge für den gemeinen Segen. Aufgrund der tiefen Verbundenheit zum Glauben und zur Tradition sind die eigenen Taten im Leben der asiatischen Kultur von hoher Bedeutung.

Kultur zum Thema machen

Traditionen entdecken und erleben, ohne Orte oder Menschen zu besuchen, kann äußerst herausfordernd sein. Die Montessori - App stellt Anschauungsmaterial von Postkarten und kostümierten Kindern in geschmückten Klassenzimmern bereit, damit die Vorstellungsbildung gelingt. Mit ihr können sogar Mandarin als fremde Sprache kennengelernt und einige Wörter selbst angeeignet werden. Der Englischunterricht eignet sich außerdem hervorragend für das Lernen von Eigenschaftswörtern der Tiere im chinesischen Kalender. Zum Einstieg empfehlen wir ein Video des MDR, in dem aus Kindersicht zum Thema hingeführt wird.

Jahr für Jahr zeigt sich uns das Frühjahrsfest mit seinem großen kulturellen Reichtum. Das ist vor allem für die westliche Bevölkerung interessant, die einer historisch betrachtet weniger ausladenden Traditionen um die Jahreswende folgt. Für Kinder ist eine offene Sicht für die Gewohnheiten anderer ein wichtiger Baustein in ihrer Persönlichkeitsbildung. Über kulturelle Rituale und Feste zu sprechen, fördert gegenseitiges Vertrauen, das unser Zugehörigkeitsgefühl als Teil einer Gemeinschaft stärkt. Traditionen leben und schätzen lernen, sollte daher ein wichtiges Element der schulischen Zeit darstellen.

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