Trotz Status quo: Der Lehrermangel stellt das Saarland vor große politische Herausforderungen

Trotz Status quo: Der Lehrermangel stellt das Saarland vor große politische Herausforderungen

Saarbrücken. Im Saarland ist die bildungspolitische Situation, aufgrund der Erwartung eines bald eintretenden Lehrermangels, überaus angespannt. Zwar hat sich die knappe Personalsituation nach vielen coronabedingten Ausfällen zu Beginn dieses Schuljahres gegenwärtig wieder beruhigt, jedoch wurde sogleich die Frage der Krisentauglichkeit des derzeit zur Verfügung stehenden saarländischen Lehrermarkts laut. Um einer ähnlichen Notlage, wie sie in vielen anderen Bundesländern schon eingetreten ist, entgegenzuwirken, hat die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) zuletzt während der Kultusministerkonferenz (KMK) Vorschläge präsentiert, die den Lehrermangel beheben, aber auch hemmen sollen. Jene Empfehlungen sind jedoch sowohl vom Saarländischen Philologenverband (SPhV), als auch vom Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) scharf kritisiert worden.

In Grund- und Förderschulen, wo der Bedarf an Lehrkräften noch am größten ist, ist der Umgang mit der Situation besonders kompliziert. Hybrid- und Fernunterricht sind undenkbar, dafür spielen in diesen Schulformen die Lehrer:in- Schüler:in Beziehung eine zu große Rolle. Und eine Besserung der derzeitigen Lage ist nicht zu prognostizieren. Der Grund dafür liegt nicht nur in den unattraktiven Arbeitsbedingungen, denen saarländische Lehrkräfte im Primarbereich ausgesetzt sind, sondern ist mitunter viel fundamentaler. Max Hewer, Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), berichtet, dass in nur zehn Jahren ein Viertel der saarländischen Lehramtsstudienplätze abgebaut worden sind. Die zurückgehende Anzahl an Studierenden ist Teil der Ursache des eklatanten Rückgangs an Referendar:innen. Jene haben einen extrem hohen Arbeitsaufwand zu erfüllen und werden nach fünfjährigem Studium mit einem Monatsgehalt von 1500 € brutto unverhältnismäßig schmal bezahlt, erklärt Hewer weiter den Mangel an Referendar:innen. Da die Menge an Referendar:innen eine recht genaue Prognose für den zukünftigen Lehrermarkt ist, ist die Lage ernst und die Politik nun gefragt.

Bildungsministerium unter großem Druck

Auf diesen besorgniserregenden Trend hat das saarländische Bildungsministerium mit einer großen Einstellungskampagne reagiert. Zum ersten Februar wurden mehr als 200 Lehrkräfte an den Schulen des zweitbevölkerungsärmsten deutschen Bundeslands fest eingestellt. Der SLLV begrüßt diesen Schritt sehr, reagiert darüber hinaus jedoch verhalten und merkt an, dass es weitaus mehr Personal bedarf und ein großer Teil der neu angestellten Lehrkräfte schon vorher mit befristeten Verträgen ausgestattet waren und wichtige Funktionen als Vertretungskräfte erfüllt haben. Michaela Günther, die stellvertretende Landesvorsitzende der SLLV, holt weiter aus und warnt vor „einem gravierenden Mangel im Bereich der Vertretungsstellen“.

Der SLLV, die GEW und der SPhV reagierten allesamt völlig entrüstet auf die Ergebnisse, die die Kultusministerkonferenz Ende Januar zuTage gebracht hat. So soll dem Lehrermangel begegnet werden, indem Teilzeitmöglichkeiten eingeschränkt werden, sich Klassen vergrößern, Lehrkräfte aus der Pensionierung zurück in den Klassenraum mobilisiert werden und sich hybrider Unterricht häuft. Michaela Günther bringt ihre Ungläubigkeit über diese Ergebnisse enttäuscht zum Ausdruck: „Das Versagen der Politik soll auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen werden.“ Der SPhV deklariert diesen Vorschlag als „Schlag ins Gesicht für alle Lehrkräfte“.

Stattdessen fordern die Verbände die Entlastung der Lehrkräfte. Konkret heißt es, dass die Unterrichtsverpflichtung um zwei Stunden reduziert werden soll, dass Studienbeschränkungen gelockert werden und die Anzahl der verfügbaren Studienplätze wieder steigen müssen. Zudem drängt der SLLV auf die Einführung eines Studiums der Sonderpädagogik im Saarland. Auch bessere Quer- und Seiteneinsteigerprogramme werden gefordert. Weiterhin sind sich der SLLV, die GEW und der SPhV einig, dass die Besoldungsstufe der Grund- und Hauptschullehrkräfte auf A13 steigen muss, damit Lehrkräfte nicht in andere, mehr zahlende, Bundesländer abgeworben werden. Besonders bei Schulleitungen, so konstatiert der SLLV, wurden in den letzten Jahren immer höhere Erwartungsmaßstäbe gesetzt ohne dass die Vergütung der Arbeit angehoben wurde.

So liegt es jetzt an der saarländischen Landesregierung Maßnahmen zu schließen, die die komplett gegensätzlichen Entwürfe der Lehrerverbände und der Kultusministerkonferenz abwägen und eine nachhaltige Lösung im Kampf gegen den Lehrermangel darstellen. Klar ist, der politische Druck ist hoch und der Lehrerberuf muss wieder an Attraktivität gewinnen, damit Bildung auch langfristig funktionieren kann.

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