Kinder in jungen Jahren fördern: Vorschulkompetenz auf dem Prüfstand

Kinder in jungen Jahren fördern: Vorschulkompetenz auf dem Prüfstand

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Luisa Janosch

Frühkindliche Bildung ist wichtig, denn sie bereitet Kinder auf die Schule und somit auf ihr späteres Leben vor. Bei der frühkindlichen Bildung spricht man von der Förderung von Kindern ab dem ersten Lebensjahr bis zum Schulanfang. Das Kind sollte in seinen jüngsten Jahren an die wichtigen Elementarkompetenzen wie soziale oder emotionale Kompetenzen, Sprache, Mathematik oder Naturwissenschaften spielerisch herangeführt werden. Verantwortlich für diesen Bildungsauftrag sind im besten Fall Eltern, Erziehungsberechtigte und erste Betreuungsstätten wie Kitas. Welche Fähigkeiten zur frühkindlichen Bildung gehören, wie der Stand in Deutschland aussieht und welche Förderung es bei der Entwicklung der Kinder gibt, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Neben den Elementarkompetenzen soll die frühkindliche Bildung vor allem Eins fördern: Freude daran, neue Dinge zu erlernen. Ebenso spielt auch das Kennenlernen des sozialen Miteinanders im Fokus: Wie kommuniziere ich meine individuellen Bedürfnisse? Wie verhalte ich mich meinen Mitmenschen gegenüber? Weitere Kompetenzen im Überblick:

  1. Kreativität

Kreativität ist nicht an der Leistung orientiert, sie gibt dem Menschen (Kind) Erfüllung und Glückseligkeit. Kinder haben in frühen Jahren eine blühende Fantasie, die gefördert werden sollte. Kreativität lässt sich durch Geschichten, Bilder oder Rollenspiele fördern.

  1. Motorik und Sensomotorik 

Zur Motorik zählen alle körperlichen Fähigkeiten, um sich bewegen zu können. Was in jüngsten Tagen das Köpfchen bewegen oder sich herumdrehen für ein Kind bedeutete, wird im Laufe seines Alters zu Aufgaben der Koordination, der Balance und der Kraft. Diese Fähigkeiten sind wichtig, denn gerade das Schreiben mit dem Stift oder das Halten einer Schere muss geübt sein. Sensomotorik umfasst das Reiz-Reaktions-Modell, wobei das Kind einem Reiz ausgesetzt wird und dann darauf reagiert. 

  1. Kognitive Fähigkeiten

Wichtige kognitive Fähigkeiten sind im Kindesalter die Lösung von Problemen, das Treffen von Entscheidungen, wie plant und orientiert sich das Kind, sowie das richtige Argumentieren. 

Doch wie sieht es mit der frühkindlichen Bildung hierzulande aus? Kita-Erziehern und Erzieherinnen in Deutschland ist es wichtig, dass ihre Schützlinge ein gutes Sozialverhalten, aber auch das Sprechen erlernen. Dieses Ergebnis zeigt eine Befragung von Fachkräften des Bildungsdirektorats der OECD für Deutschland. Für weniger wichtig halten die Fachkräfte den Angaben zufolge die Grundlagen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Gerade mal die Hälfte der Fachkräfte stufen die mathematischen Fähigkeiten der Vorschulkinder als wichtig ein. In der Türkei hingegen geben 80 Prozent an, mathematische Spiele mit den Kindern zu spielen. In Chile und Israel sind es rund 60 Prozent. Den Fakt, dass Deutschland andere Werte setzen würde, wolle Forscher Arno Engel des OECD-Bildungsdirektorats nicht bewerten. 

Für manche Kinder sei es sinnvoll, bereits in der Kita akademische Fähigkeiten zu erlernen, für andere wiederum seien soziale Kompetenzen wichtiger, so die Bildungsexpertin Josefine Koebe vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Dass das Erlernen der deutschen Sprache als wichtig eingestuft wird, liegt wohl auch daran, dass der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in etwas weniger als der Hälfte der frühkindlichen Bildungseinrichtungen bei 11 Prozent liegt. 

Trotz der hohen kulturellen Diversität in deutschen frühkindlichen Bildungseinrichtungen wird die Förderung dieser nicht groß geschrieben. Deutschland ist eines der Länder mit der geringsten Diversitäts Förderung in den Kitas. Nur knapp 40 Prozent der Befragten setzen Bücher mit Personen verschiedener kultureller Herkunft ein. Bei den Spielen sind es sogar nur 15 Prozent. Laut eigener Angaben arbeiten die Türkei, Chile und Korea zu 80 Prozent mit diversitätsfördernde Lernmitteln. 

Schlechte Deutsch- und Mathekenntnisse von Schüler:innen 

Bildungsforscher sehen Handlungsbedarf, denn die Kenntnisse von Viertklässler:innen sind in Deutsch und Mathe nicht besonders gut. Aber auch das Sozialverhalten schneidet schlecht ab. Die Wissenschaftler Felicitas Thiel und Michael Becker-Mrotzek nennen die Ergebnisse der Studie "alarmierend". Den Grundschulen gelinge es häufig nicht, Grundkompetenzen gleichermaßen an alle Schüler:innen zu vermitteln, so die Wissenschaftler. Jeder fünfte Viertklässler erreicht so nicht die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik. Fast jedes vierte sieben- bis zehnjährige Kind zeigte psychische Auffälligkeiten. Genauere Infos zum aktuellen Bildungsstand von Kindern haben wir in dem Artikel “Große Bildungslücken bei Schüler:innen – weltweit über 60 Prozent betroffen” für euch zusammengefasst.

CDU-Politiker Carsten Linnemann fordert Konsequenzen für Vorschulkinder, die bald in die erste Klasse kommen und noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben. Für ihn haben Kinder, die noch kein richtiges Deutsch können, nichts in der ersten Klasse zu suchen. Er betont, dass es nicht sein könne, dass in Duisburg 16 Prozent der baldigen Erstklässler:innen kein Deutsch können. Die Lehrerin Claudia L. ist in einer Vorbereitungsklasse tätig und schult Kinder von sechs bis zehn Jahren mit geringen Deutschkenntnissen. Sie ist der Meinung, dass zwar jedes Kind eingeschult werden sollte, betont aber auch die Wichtigkeit des Besuches dieser Förderklassen bei Kindern mit Sprachschwierigkeiten, um sie dann erfolgreich integrieren zu können. 

Haus der kleinen Forscher

Das Haus der kleinen Forscher ist eine deutsche Bildungsinitiative, die mit bundesweiten Fortbildungsprogrammen Fach- sowie Lehrkräfte unterstützt, die Kinder bei ihrem Entdeckungsweg begleiten. Dabei geht es primär nicht um die Vermittlung von faktischem Wissen, sondern vielmehr darum, Kinder neugierig auf ihre Umwelt zu machen. Die Stiftung arbeitet deutschlandweit mit mehr als 200 Netzwerkpartnern zusammen, die dann vor Ort mit weiteren Partnern kooperieren. Bereits 88 Prozent der Kitas, 85 Prozent der Horte und 75 Prozent der Grundschulen stehen diese Qualifizierungsangebote der Bildungsinitiative zur Verfügung. Bereits 83.000 pädagogische Fachkräfte und über 33.900 Kitas, Horte und Grundschulen haben an dem Fortbildungsprogramm teilgenommen. Mehr als 5.700 Kitas, Horte und Grundschulen tragen bereits das Zertifikat “Haus der kleinen Forscher”. Auf Basis aktueller Erkenntnisse aus moderner Forschung entwickelt die Bildungsinitiative ihr pädagogisch-didaktisches Konzept in den Bereichen Frühpädagogik, Entwicklungspsychologie, Fachdidaktik und Lernforschung stets weiter. 

HIPPY – Fit für den Schulbeginn 

Neben den Bildungsmöglichkeiten von Eltern, Kita und Co. gibt es auch Organisationen, welche die frühkindliche Bildung unterstützen wollen. HIPPY (Home Interaction for Parents and Preschool Youngsters) ist ein Angebot in der Nähe von Bremen, welches sich an die Eltern von vier bis sechsjährigen Kindern richtet, um diese zu entlasten und ihren Kindern einen guten Start in die Schullaufbahn ermöglichen soll. Eltern, die an dem HIPPY Programm teilnehmen, erhalten Lernmaterialien, mit denen sie gemeinsam mit ihren Kindern lernen können. Dabei ist das Programm spezialisiert auf die Entwicklung der Sprachkenntnisse der Kinder. Neben der Bereitstellung von Materialien statten die HIPPY-Mitarbeiter (sog. Hausmütter) den Familien Besuche ab und klären Fragen, sofern Bedarf besteht. In einigen Stadtteilen finden sogar alle zwei Wochen Treffen zwischen den HIPPY-Müttern statt.

Richtig angesetzte frühkindliche Bildung ist unumgänglich für ein späteres, erfolgreiches, integriertes Leben eines Kindes. Verschiedene Kompetenzen wie das Erlernen der Sprache oder motorische Fähigkeiten erleichtern ihnen den Start in die Schule. Die Förderung der verschiedenen Kompetenzen ist in Deutschland allerdings im Vergleich zu anderen Ländern und auf Basis einer Befragung nicht immer gegeben. Der Fokus liegt in Deutschland eher auf der Entwicklung der Sprache. Verschiedene Förderprogramme unterstützen Kinder und ermöglichen den Eltern eine Unterstützung. Ob sich der Fokus der frühkindlichen Kompetenzen in den nächsten Jahren verändern wird, bleibt abzuwarten. 

Wie sind eure Erfahrungen? Stellt ihr auch fehlende Kompetenzen bei euren Sprösslingen fest? Wie wirken diese sich auf den Unterricht aus? Schreibt es uns doch gerne mal in die Kommentare, wir freuen uns auf Feedback! 

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