Lebensraum statt “Freiluftgehege”: Ideen für einen besseren Pausenhof

Lebensraum statt “Freiluftgehege”: Ideen für einen besseren Pausenhof

Im Schwarzwald am Gymnasium Schönau gibt es innerhalb der Woche etwas für Autofahrer:innen auf der Talstraße zu sehen. Wie eingepfercht in einem “Zoogehege”, verbringen Schulkinder ihre Pausen auf engem Raum direkt neben der Straße. Gerade aus der Zelle des Klassenzimmers entlassen, sind die Schüler:innen auch in den Pausen wieder hinter einem Zaun eingekerkert. “Die Pause ist dafür da, dass wir uns austoben können und entspannen können, aber hier ist es viel zu eng", sagt eine der Schülerinnen. Der Vergleich zum Gehege wird sogar von den Schüler:innen selbst gezogen. “Man fühlt sich hier wie im Streichelzoo.”

Bilfried Schwaab, Elternbeiratsvorsitzender am Gymnasium Schönau, zeigt sich empört. “Die die zu schützen sind werden eingesperrt auf einem minimalen Raum anstatt, dass man die Gefahr und den Verkehr aussperrt.” 

Solche “Freiluftgehege”, auch wenn sie wie im Falle des Schönauer Gymnasiums nur als temporäre Verkehrsmaßnahme entstanden sind, haben psychologische Auswirkungen auf die Schüler:innen und das Lernklima. Dabei stellt sich die grundsätzliche Frage: Was macht einen guten Pausenhof heute aus?  

Lebensraum Schule 

Der Sinn eines Bildungssystems und von Schulen ist, Kinder und Jugendliche auf die Welt vorzubereiten, mit all ihren Tücken und Herausforderungen. Nicht nur in dem Sinne, dass sie sich in einem Arbeitsumfeld zurechtfinden müssen und Aufgaben zugeteilt bekommen, sondern auch in der zwischenmenschlichen Dimension. 

Die Schule ist ihr eigenes Ökosystem. Manche blühen in diesem Umfeld auf, andere wiederum gehen unter und wollen, dass die Schulzeit so schnell wie möglich vorbei ist. Im Idealfall soll konstruktive soziale Interaktion vorgelebt werden, aber in der Schule ist das nicht immer so einfach.

Es hat sich herausgestellt, dass abrupte Änderungen im Schulalltag oft negative Konsequenzen für die mentale Gesundheit von Schüler:innen tragen. Das aktuellste und prägnanteste Beispiel war die Corona-Pandemie und ihr Einfluss auf das Bildungswesen und die Schüler:innen.

Die Royal Society of Canada (RSC) hat in ihrer Veröffentlichung “The Royal Society of Canada’s report on Children and Schools During COVID-19 and Beyond: Engagement and Connection Through Opportunity”festgehalten, dass die Pause ein wichtiger Bestandteil der sozialen Entwicklung ist. Isolation war einer der Hauptursachen für die schlechter werdende mentale Gesundheit von kanadischen Kindern während Corona. Zur selben Zeit bewies die World Health Organization, dass die Erfahrungen von Schüler:innen in der Schulumgebung deren Gesundheit stark beeinflusst. Besonders Essensräume und Pausenhöfe stechen als wichtige Sozialräume heraus, unter anderem weil in diesen Räumen die Jugend unabhängig und freiwillig miteinander in Kontakt treten kann. ”Aus Sicht der Kinder und Jugendlichen kann das, was in den Pausen passiert, enormes soziales und emotionales Gewicht besitzen. Es sind Räume, die viel mehr als eine Pause darstellen von der Schule […] oder der Abwesenheit vom Unterricht: Sie sind ein Teil des Tages, welcher ihre grundlegenden sozialen und emotionalen Bedürfnisse widerspiegelt”, heißt es in der Studie.

Pausenhof neu gestalten

In Anbetracht der immensen Bedeutung des Pausenhofs für die Entwicklung von Heranwachsenden stellt sich die Frage: Was könnte getan werden, um den sozialen Raum Pausenhof angenehmer zu gestalten?

Kreativo, ein Netzwerk für innovative und nachhaltige Bildungs- und Kulturangebote, hat einige Ideen für die Gestaltung eines lebendigen Pausenhofs entwickelt. Das Netzwerk versteht unter dem idealen Pausenhof eine Mischung aus Ruhe- und Sinnesoasen, Bewegungs- und Geschicklichkeitsecken, Spiel- und Sportplätze und Treffpunkten. Im besten Fall ist ein Pausenhof nicht nur Schülergerecht, sondern bietet auch andere Nutzen, wie zum Beispiel als Freiluftklassenzimmer oder als ein Ort für eine Garten AG.

Die Ideen des Netzwerks stehen unter dem Motto „Wir gestalten unseren Schulhof!“ und erfordern auch Beteiligung der Schüler:innen an der Umgestaltung ihres Pausenhofs, sodass sie sich auch gern dort aufhalten wollen.

Einige Elemente für eine kreativere Gestaltung von Pausenhöfen, die sich je nach baulichem Kontext vielleicht auch an eurer Schule umsetzen lassen: 

Ein Lehmofen der freien Gesamtschule Finow Quelle: Freie Gesamtschule Finow

Viele der Ideen lassen sich in Form von Schulprojekten umsetzen, die Teamarbeit und Kooperation fördern und somit das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schüler:innen stärken. Dabei entsteht auch ein höherer Grad an Identifikation mit der Schule. Innerhalb eines Projektes oder einer Projektwoche kann der Pausenhof demnach nicht nur zu einem attraktiven sozialen Platz werden, sondern auch zu einem positiven sozialen Umgang beitragen. Nicht zuletzt ermöglichen solche praktischen Arbeiten an “Pausenhof- Attraktionen” den Lehrkräften einen Einblick in die soziale Interaktion der Schüler:innen außerhalb des Klassenraums. 

Oft bedarf es jedoch mehr als nur einer Projektwoche, um einen kleinen Pausenhof – wie den der Schüler:innen im Schwarzwald – in einen Wohlfühlort mit Mehrwert zu verwandeln. Dafür sind wie so häufig systematische Mehrinvestitionen in unser Bildungssystem notwendig.  

Was sind eure Vorstellungen und Ideen für einen gelungenen Pausenhof? Teilt sie uns gerne in den Kommentaren mit!

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