Stress und Depressionen: Wenn der Unterricht nebensächlich wird

Stress und Depressionen: Wenn der Unterricht nebensächlich wird

Manchmal wünscht man sich nur noch weg. Psychische Krankheiten betreffen Lehrkräfte häufiger als viele andere Berufsgruppen. (Quelle: Pixabay)

Unsere Psyche muss jeden Tag mit einer ganzen Menge Herausforderungen klarkommen. Die Bewältigung des Alltags, Krisenmeldungen aus aller Welt und noch vieles mehr – besonders, wenn man als Lehrkraft arbeitet. Schon lange ist klar, dass Lehrkräfte ein höheres Risiko haben, psychische Krankheiten zu entwickeln, als dies in anderen Berufsgruppen der Fall ist. Dies hängt mit der Verantwortung und den Strukturen zusammen, die der Lehrerberuf mit sich bringt. In unserer heute beginnenden Themenwoche wollen wir uns ausführlich mit unserer Psyche beschäftigen. Und damit, vor welchen Herausforderungen gerade Lehrkräfte dabei stehen, welche Gefahren drohen und was sich tun lässt, wenn aus herausfordernden Situationen ernsthafte psychische Erkrankungen entstehen. 

Leben in einer herausfordernden Zeit

Die Themen psychische Gesundheit und insbesondere psychische Erkrankungen sind in den vergangenen Jahren immer stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In Medien wird mehr darüber berichtet, das Verständnis für die Materie wächst immer weiter und es wird in diesem Bereich stärker geforscht. Das hat aber nicht dazu geführt, dass weniger Fälle von Depressionen gezählt werden. In den vergangenen Jahren wurden steigende Tendenzen bei den erfassten Zahlen zu Depressionsfällen registriert. Dies zeigt sich zum Beispiel bei Daten zu den erfassten Arbeitsausfällen aufgrund psychischer Erkrankungen. Die Zahl lag nie zuvor höher als im vergangenen Jahr. Gleiches gilt für die 2021 erfassten Todesfälle, bei denen eine psychische Erkrankung als Grund festgestellt worden ist. Hier zeigt sich schon das Ausmaß des Problems, welches psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft darstellen. Auf diese Ausgangslage trifft dann noch eine globale Situation, die uns medial eine Welt in der Dauerkrise vermittelt. Corona, Krieg gegen die Ukraine, Klimawandel und eine Eskalation im Nahen Osten sind nur die ganz großen Krisen-Themen, die uns alle in den vergangenen Jahren dauerhaft in den Nachrichten verfolgen. Hinzu kommen die kleineren, aber ständig begleitenden Schreckensmeldungen zu Amokläufen oder etwa Menschen auf der Flucht und der politische Umgang damit. Diese Meldungen verfolgen uns mit einer medialen Dauerpräsenz und prasseln auf unsere Psyche ein. Das stellt eine große Zerreißprobe für unsere mentale Gesundheit dar. 

Warum Lehrkräfte besonders stark betroffen sind

Der Lehrkraft-Beruf gilt als einer der riskantesten Berufe, wenn es um das Thema psychische Gesundheit geht. In Umfragen zeigt sich immer wieder, dass die Quote von Lehrkräften, die unter großem psychologischen Druck stehen oder sogar Anzeichen eines Burnouts zeigen, höher ist als in den meisten anderen Branchen. Die Gründe für diese außergewöhnlich hohe Belastung sind vielfältig. Zu große Klassen, ein zu großes Arbeitspensum, Druck von Schulleitungen und Kolleg:innen, herausfordernde Schüler:innen und hinzu kommen dann noch die ganz persönlichen Belastungen. Dieses Zusammenspiel führt dazu, dass etwa Wissenschaftler:innen neue Strategien für die Gesundheit von Lehrkräften fordern. Dabei geht es etwa darum, dass schon während der Ausbildung ein großer Fokus darauf gelegt werden sollte, ob Lehrkräfte die psychische Gesundheit und Belastbarkeit für den Beruf mitbringen. Eine sensible Umgangsweise würde hier langfristig die Gesundheit der späteren Lehrkräfte schützen, das Gesundheitssystem entlasten und Schulsysteme resilienter machen. Neben diesem Schritt wären laut den Forscher:innen aber auch noch viele weitere strukturelle Maßnahmen nötig. Dazu gehören die Verkleinerung von Klassen, die Verringerung der wöchentlichen Stunden und eine Verbesserung der Unterstützungsangebote. 

Neben ihrem ohnehin schon herausforderndem Job haben Lehrkräfte dann noch mit all den Herausforderungen zu tun, die ohnehin alle Menschen betreffen. Sie haben soziale Beziehungen, die sie pflegen sollen und müssen. Sie müssen sich um die Angelegenheiten kümmern, die die Gesellschaft von ihnen erwartet, wie die Steuererklärung machen, sich informieren und sich am Ende auch um sich selbst kümmern. Wenn sich eine psychische Krankheit anbahnt, können selbst diese alltäglichen Aufgaben zu groß werden. Im Verlauf unserer Themenwoche werden wir euch einige Bücher und Podcasts vorstellen, mit denen ihr euch dem Thema psychische Belastungen und Krankheiten inhaltlich nähern könnt. Und wir werden uns anschauen, wie ihr die Zeichen für eine beginnende Depression frühzeitig erkennen könnt – bei euch, euren Kolleg:innen und Schüler:innen. 

Wie die Situation für Schüler:innen ist

Schüler:innen wachsen in einer herausfordernden Welt auf. Durch die Digitalisierung haben sie ständig auf alle Informationen des Internets Zugriff. Das hat in diesem Zusammenhang Potenzial für Gutes, etwa um sich schnelle Hilfe zur Selbsthilfe zu holen. Gleichzeitig  birgt es aber auch diverse Gefahren. Viele Schüler:innen erleben in ihrer Schulzeit Mobbing. Dies hat es immer schon gegeben, durch soziale Medien ist die Hemmschwelle aber gesunken, weil das Mobben anonymer funktionieren kann. Zudem bekommen sie Informationen aus Krisengebieten viel unmittelbarer mit, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Auf Instagram und TikTok haben sie schnellen Zugang zu Fotos und Videos über Kriegsgebiete, sind mit Fake News konfrontiert und müssen bereits in sehr jungem Alter eine hohe Medienkompetenz aufweisen, um sich vor potenziell verstörenden Inhalten zu schützen. Wie ihr eure Schüler:innen dabei zusätzlich unterstützen könnt, werden wir diese Woche besprechen. Es ist viel verlangt von Lehrkräften , frühe Anzeichen für psychische Erkrankungen bei möglichst jedem ihrer Schüler:innen zu erkennen. Wie es dennoch möglich sein kann, das werden wir in unserer Themenwoche auch thematisieren. 

Wir hoffen, dass wir euch mit unseren Artikeln einige gute Anstöße geben können, womit ihr achtsam mit euch und eurem Umfeld in der Schule umgehen könnt – gerade wenn es um das Thema psychische Belastungen geht. Wenn euch das Thema interessiert, empfehlen wir euch auch in unsere frühere Themenwoche zu mentaler Gesundheit reinzuschauen. Hier findet ihr zum Beispiel Tipps für Erste Hilfe bei Notfällen psychischer Natur. Teilt uns gerne eure Erfahrungen mit und schreibt uns zum Beispiel, was ihr für strukturelle Veränderungen im Bildungssystem für erforderlich haltet, um Lehrkräfte zu schützen. 

Hilfsstellen und Beratungsangebote bei Depressionen

Lehrkräfte können an verschiedenen Stellen Hilfe finden. Hier sind einige mögliche Anlaufstellen für euch:

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